Veränderungen unserer Gesellschaft durch die Revolution der totalen Vernetzung
Ines Labus
Das Internet of Things kommt ursprünglich aus dem Informations- und Kommunikationsbereich. Das Ziel des Internet der Dinge ist es, die reale Welt mit der virtuellen Welt zu vereinen - um sie sicherer, einfacher und ökonomischer zu machen. Es beschreibt die Vernetzung von Gegenständen jeder Art und in verschiedenen Anwendungsbereichen. Diese erstrecken sich von vernetzten Haushaltsgeräten oder Gadgets über öffentliche Infrastrukturen bis hin zu industriellen Anwendungen. Jedes intelligente Objekt im Internet of Things ist über eine eigene IP-Adresse identifizierbar und kann somit von Menschen über das Internet angesprochen werden. Diese Objekte sind mit einem Chip, Sensor, Datenspeicher oder einem Softwaresystem ausgestattet und können dadurch kommunizieren. (1) Diese moderne Technologie verändert in rasantem Tempo die Lebens- und Arbeitsumgebungen des Menschen. IoT ist keine Zukunftsmusik mehr, sondern wird bereits in wenigen Jahren Wirklichkeit. Zu verdanken haben wir die Grundlage der Radiofrequenzidentifikation (RFID) dem MIT (Massachusetts Institute of Technology). Erstmals 1999 wurde der Begriff “Internet of Things” von Kevin Ashton, einem britischen Technologie-Pionier, verwendet. Die Idee bestand darin, physikalische Objekte mit einem RFID-Transponder zu versehen. (2) Dadurch konnten sie so eindeutig elektronisch identifizierbar werden. Das heißt, jedes physikalische Objekt soll ein Gegenstück im „Cyberspace“ besitzen. Die Verbindung zwischen realer und virtueller Instanz würde über einen eindeutigen Code, z. B. in Form einer URL, erfolgen. Seither arbeiten Wissenschaftler an der Umsetzung seiner Vision eines allgegenwärtigen Computereinsatzes. Denn genau das ist das Internet der Dinge – die Kommunikation smarter Geräte untereinander. Eine allgemein gültige Definition gibt es übrigens nicht. Klar ist jedoch, dass sich die beteiligten interaktiven Objekte in der Regel mikroprozessorgesteuert über ein digitales Netz kommunizieren. Im Rahmen dieser Revolution wurden die Informations- und Kommunikationsprozesse digitalisiert. Seitdem Steve Jobs 2007 das erste Smart-Phone präsentierte, ist der Umgang mit smarten Dingen für uns Alltag geworden und das digitale, smarte Zeitalter eingeläutet. In den letzten 10 Jahren war zudem ein enormer Fortschritt in Hinblick auf energieeffiziente und kostengünstige Vernetzung sowie Betriebssysteme für das Internet der Dinge zu verzeichnen. Im Gesundheitsbereich, in der Industrie oder in der Warenwirtschaft konnten bereits zahlreiche Objekte mit sogenannten „Embedded Prozessoren“ ausgestattet werden. Diese übernehmen Überwachungs-, Steuerungs- oder Regelfunktionen im Form von Daten. Passive Objekte sind nur ein Teil dieser Vision, die aktuell viel stärker über die Vernetzung und Digitalisierung von alltäglichen Gegenständen geprägt ist. Und wozu das Ganze? Welche neuen Technologien sind für das Internet der Dinge relevant? Wie sieht eine typische Architektur eines IoT Systems aus? Wie steht es um die Sicherheit? Die zunehmende digitale Vernetzung verändert auch die Berufswelt der Designer immer stärker. Doch was sind eigentlich die größten Herausforderungen in der Praxis? Werden wir vom Produktgestalter zum Serviceanbieter? In unserem Alltag gibt es bereits viele Bereiche, an denen wir diese Vernetzung zulassen: Steuerung der Heizung durch das Smartphone, automatisches Bestellungen von Lebensmitteln des Kühlschranks oder das Anzeigen von freien Parkplätze in der Umgebung. Im Folgenden möchte ich auf vier Beispiele näher eingehen.
Smart Cities
Die Notwendigkeit, die permanent wachsenden Städte nachhaltiger zu entwickeln, ist wichtiger denn je. Durch den demographischen Wandel wird ein enormer Druck auf verfügbare Ressourcen ausgeübt und lässt Emissionen in urbanen Gegenden in die Höhe schießen. Ein Ansatz ist das „Smart City“-Modell, welches von vielen Institutionen wie dem Fraunhofer-Institut untersucht und erforscht wird. Denn in Europa leben bereits heute 70 % der Menschen in Städten. Weltweit sind Städte für 80% der globalen Treibhausgasemissionen verantwortlich. Somit wird gerade in Städten ein besonders großes Potenzial gesehen, Probleme wie Klimawandel, Ressourcenknappheit und demografischen Wandel mit intelligenten Lösungen zu begegnen. Diese Lösungsansätze werden nun in zunehmenden Maße mit dem Begriff „Smart City“ verbunden. (3) „Smart City“ bezeichnet eine Stadt, in der systematisch Informations- und Kommunikationstechnologien sowie ressourcenschonende Technologien eingesetzt werden. Dieses Konzept wird als ein Prozess gesehen, durch den Städte und urbane Regionen effizienter, lebenswerter und umweltfreundlicher gestaltet werden sollen. Der Verbrauch von Ressourcen soll verringert werden, die Lebensqualität der Bürger/innen und die Wettbewerbsfähigkeit der ansässigen Wirtschaft soll dauerhaft erhöht und dadurch die Zukunftsfähigkeit der Stadt verbessert werden. Dabei werden mindestens die Bereiche Energie, Mobilität, Stadtplanung und Organisation berücksichtigt. Elementares Kennzeichen von Smart City ist die Integration und Vernetzung der aufgezählten Bereiche, um die so erzielbaren ökologischen und sozialen Verbesserungspotenziale zu realisieren. Das Mitwirken der Gesellschaft spielt bei der Umsetzung der vernetzten Stadt eine wichtige Rolle.
Smart Home
Heute wird alles smart. Schon bald leben wir in unseren eigenen optimierten und effizienten „4 Wänden“. Wir werden nicht nur von Freunden, sondern auch von Haushaltsgeräten, Haustieren und Lebensmitteln im Kühlschrank Emails erhalten. Somit werden wir überall und jederzeit mit (nützlichen) Informationen versorgt, ohne danach gefragt zu werden. Das Ziel von Smart Home ist die Entwicklung von neuen Null-Energie-Häusern, der Sanierung alter Gebäude mit höheren energieeffizienten und regulären Standards durch den Einsatz innovativer Isolationsmaterialien. Dadurch wird intelligentes Wohnen zum Standard. Durch das Betreten von Räumen wird in Sekunden beispielsweise die Raumtemperatur und/oder Beleuchtung angepasst. Dies soll das Wohlergehen stärken. Eine selbstständige Erkennung von Empfindungen durch Sensoren, die im Raum an jeder Ecke integriert sind, findet heraus was uns fehlt und was uns helfen könnte das Wohlbefinden zu optimieren. Auch das Energienetzwerk macht Gebrauch von Biomasse, Geothermie und Solarenergie. Jedes Haus und jede Wohnung ist mit intelligenten Stromnetzen und Energiemessungen verbunden, die den Stromverbrauch effizient reguliert. (4) Es herrscht ein ständiger Dialog der Dinge. Das ist die Zukunft in der wir leben werden. Alles ist vernetzt. Solch ein Ziel erfordert ambitionierte Maßnahmen in den Bereichen Lieferung, Energienetzwerke und Gebäude. Auch aufgrund der steigenden Weltbevölkerung müssen wir als Designer über Alternativen von flexiblen Wohnräumen nachdenken. Die Vision der Smart Cities ist die hohe Lebensqualität, Einsatz nachhaltiger Technologien und flexible Mobilität, welche uns als Designer vor neuen Ideen und Herausforderungen stellt. Um neue nachhaltigen Materialien, Konzepte und Produkte zu entwickeln, wird das inter- und transdisziplinäre Arbeiten ein effektiver Punkt in unserem Arbeitsleben.
Smart Health
Profitieren können wir auch in Sachen Gesundheit. Manche Herzschrittmacher und Insulinpumpen sind bereits digital vernetzt. Sie liefern dem Arzt permanent Patienten-Daten. So lassen sich überflüssige Termine vermeiden und Warnsignale des Körpers frühzeitig erkennen. Im April 2017 habe ich die Altenpflege-Messe in Nürnberg besucht, die mit smarten Konzepten übersät war. Ein Produkt ist mir besonders ins Auge gestochen: Fußbodenleisten mit eingebauten Fallsensoren. Diese dienen besonders alten und gebrechlichen Menschen und könnten das Leben im Fall eines Sturzes retten, indem mit der Erkennung eines Sturzes der Notdienst alarmiert wird. Künftig sollen Roboter Menschen mit Handicaps im Alltag unterstützen. Das kann den Umzug ins Pflegeheim verhindern oder verschieben. Optimierung, Hilfe und Freiheit für alle. (5) Wearables sind kleine, am Körper tragbare Geräte, die Daten erfassen und speichern. Sie sind mit dem Internet verbunden und haben die Fähigkeit, Informationen über Bluetooth oder WLAN zu übertragen. Bekannte Beispiele sind Datenbrillen (Google Glass) oder die vernetzte Uhr, also die Smartwatch (Apple Watch). Ein interessantes Gadget, nicht nur im Bereich der Altenpflege, sind Fitnessarmbänder. Diese erfassen körperliche Aktivitäten und motivieren mit spielerischen Anreizen mehr Sport zu treiben. Sie messen, wie viele Schritte wir gehen, wie viel Sport wir im Allgemeinen treiben und wie viele Kalorien wir verbrennen. Die Ergebnisse aller Aktivitäten werden aufgezeichnet und in einer App auf dem Smartphone des Benutzers analysiert. Die mit dem IoT möglichen Synchronisierung persönlicher Fitness-Daten auf Fitness-Armbändern, Schrittzählern und mobilen Sportgeräten mit Computern und Smartphones verschafft dem Anwender somit einen schnellen und überall abrufbaren Überblick über seine körperliche Aktivität. Fitness-Uhren sollen uns somit gesund halten. Zukünftig werden sie eine immer größere Rolle auch bei den Krankenkassen spielen. Einige Krankenkassen möchten Fitness-Tracker fördern, indem sie beispielsweise die Anschaffung von Wearables wie der Apple Watch bezuschussen oder Gutschriften beim Download von Gesundheits-Apps anbieten. Auch die Krankenversicherungskosten und die monatlichen Beiträge könnten sich an den Anwender und bei hoher Aktivität anpassen. Für die Krankenkassen sind die Gesundheitsdaten gleichzeitig wertvolle Informationen für Forschung und Marketing. Hieraus gewonnene Statistiken bilden das Gesundheitsverhalten der Verbraucher ab. Es könnte jedoch eine sehr schnelle und gläserne „Über-Kontrolle“ entstehen. Ein soziales Orientierungsprogramm, das so verkauft wird, als würden alle Menschen davon partizipieren. Doch es gibt auch Verlierer unter ihnen. Jene, die die Soll-Werte nicht erreichen. Das erhöht den sozialen Druck. Wir werden dadurch zu einer effizienten Maschine unser Selbst getrieben. Das elektronische Abbild unserer Person ist stets online abrufbar. Wir verabschieden uns von unserer Privatsphäre und begrüßen die Durchsichtigkeit. Der Standort, Alter, bevorzugte Sportarten aber auch gesundheitliche Probleme lassen sich ablesen. Wo diese Daten aber tatsächlich dauerhaft gespeichert werden erfährt der Nutzer nicht. (6) Eine Untersuchung der Datenschutzbehörden belegt, dass es bei den meisten Fitness-Apps und -Geräten kaum Informationen zur Datenlöschung und -speicherung gibt. Bislang gibt es keine Standards oder Qualitätsgutachten. Erst im Mai 2018 tritt eine EU-weite Datenschutzverordnung in Kraft, die es ermöglicht, die Beschwerden von Nutzern zu bearbeiten. Den inneren Schweinhund überwinden – dafür können Fitness-Tracker nützlich sein. Man sollte aber darauf achten, dass dies nicht zum Zwang wird und man sich nicht von einem Gerät diktieren lässt. Vor allem aber sollte darauf Acht gegeben werden, persönliche Daten nur lokal zu speichern, niemals im Netz. Das beugt einen möglichen Missbrauch vor.
Smart Rifles
Das Internet der Dinge hat auch Schattenseiten. Das US-Unternehmen Tracking Point hat das smarte Gewehr auf den Markt gebracht. Das Gewehr ist mit einem Linux-Betriebssystem ausgestattet. Ein WLAN-Modul macht es möglich, dass es sich mit dem Internet verbindet. (8) Diese Vernetzung ermöglicht es, dass ein Schütze ein Ziel markiert und dieses an einen weiteren Schützen weitergibt – beispielsweise, weil dieser einen besseren Schusswinkel besitzt. Mit dem WLAN-Server, der im Gewehr integriert ist, kann ein Schütze jeden Schuss aufnehmen und das Video in Echtzeit an ein Tablet oder Smartphone übertragen. Diese Informationen kann man aber auch in den sozialen Netzwerken mit anderen teilen. Dieses Thema ist wohl eines der beunruhigendsten Bereichen des Internet der Dinge. Besonders wenn man auch bedenkt, dass alles was vernetzt ist auch gehackt werden könnte. Wenn sich diese Systeme also hacken und manipulieren lassen, so werden Sicherheitsfragen in Bezug auf mögliche Manipulationen vernetzter Smart Rifles besonders überprüft werden müssen.
Dies sind keine Utopien. Angesichts der zunehmenden Vernetzung von intelligenten Objekten ist es sehr wahrscheinlich, dass Schwachstellen in Betriebssystemen gefunden und ausgenutzt werden können. Voraussichtlich wird diese Art der Bedrohung in den nächsten Jahren ein großes Problem darstellen, da sich auch andere smarte Objekte, wie intelligente Autos, Haushaltsgeräte oder Häuser manipulieren lassen. Aufgrund dessen müssen Hersteller und Regierungen an Standards arbeiten, um mit Sicherheitslücken besser umzugehen und Cyberkriminalität keine Chance zu bieten. Die Einsatzmöglichkeiten des Internet of Things sind wohl fast unbegrenzt. Jede Branche, jeder Industriezweig, jedes Unternehmen hat unterschiedliche Herangehensweisen und Herausforderungen, die mit dem Einsatz des Internet of Things noch effektiver gelöst werden können. Die Perspektive ist für alle gleich: Zeit und Energie sparen und intelligent vernetzen. Besonders wenn das Internet der Dinge mit künstlicher Intelligenz verknüpft wird. Maschinen werden in Zukunft ohne Hilfe von Menschen miteinander kommunizieren und Strategien entwickeln, wie sie gemeinsam optimal funktionieren können. Die fortschreitende Integrierung des IoT in unseren Alltag kann einerseits als Erleichterung unseres Alltags betrachtet werden, wird und muss aber andererseits eine entsprechend neue Debatte über Privatsphäre, sowie Informations- und Datensicherheit auslösen. Die großen Datenmengen können in kürzester Zeit ausgewertet werden. Smarte Maschinen werden in der Lage sein, exakte Rückschlüsse aus unserem Verhalten zu ziehen und zu spekulieren, wie wir uns in der Zukunft verhalten werden. Heute wird jeder Klick, den wir tätigen, gespeichert. Überall hinterlassen wir unsere digitale Spur. Eine Totalprotokollierung unseres Lebens im Netz. Die vielen zufällig zutage getretenen Sicherheitslücken von smarten Geräten lassen aktuell nur einen Schluss zu: IoT-Geräte sind potenziell gefährdet. Das Thema Sicherheit hat offenbar nicht die erforderliche Priorität bei Herstellern und Regierungen. (9) Um eine erfolgreiche Implementierung des Internet der Dinge in Zukunft nachhaltig zu entwickeln, ist es wichtig, eine Sensibilisierung im Umgang mit den Technologien zu unterstützen. Gestaltende müssen sich dabei mit vielen Fragen auseinandersetzen und in ihrer Position als Vermittelnde agieren.