Eine experimentelle Erkundung neuer Potentiale im Keramikbereich durch additive Fertigung

Saskia Stiehler

Keramiken spielen seit jeher eine bedeutende Rolle im alltäglichen Leben und so stellt sich gerade mit der Möglichkeit der additiven Fertigung die Frage welche Bedeutung dieses traditionelle Material Keramik heute hat? Wo liegt das Potenzial digitaler Techniken in Verbindung mit Porzellan und welche Perspektiven wird das Material in Zukunft haben?

Der 3D-Druck ist aufgrund seines exponentiellen Wachstums seit den 1980er Jahren gewissermaßen zur Normalität geworden - ganz im Gegensatz zum keramischen-3D-Drucker, denn dieses Verfahren steckt noch in den Kinderschuhen. Seit nicht einmal zehn Jahren wird mit plastischer Keramikmasse aus einem 3D-Drucker experimentiert und so ist der aktuelle Status dieser Technologie nach wie vor experimentell.

Doch additive Fertigungsverfahren, wie der Keramische-3D-Drucker haben zahlreiche Vorteile, wie beispielsweise die hohe Individualisierbarkeit einzelner Objekte. Änderungswünsche können sofort umgesetzt werden ohne teuren Formenbau, was wiederrum eine enorme Materialersparnis bedeutet. Ebenfalls kann nun (fast) jede Geometrie realisiert werden. Doch bevor ein dreidimensionales Objekt gedruckt werden kann benötigt es einen G-Code, also einen für die Maschine lesbaren Code, damit der Extruder weiß wann er wo im Bauraum sein soll. Denn ein Objekt entsteht hier nicht klassisch durch die Hand des Designers, sondern durch digitale Datensätze. Diese digitalen Datensätze kann man in unendlich vielen Variationen gestalten. Schlussendlich ist der Designer der Vordenkende und die Maschine die ausführende Instanz. Somit entsteht aus dem immateriellen Nichts ein Reales, greifbares Objekt, das quasi als „Interface“ zwischen Kopf und Hand, zwischen Denken und Machen, zwischen Code und Material fungiert.

Der keramische-3D-Druck ist ein hilfreiches und vielseitig neues Medium, um in ganz neuen Geometrien zu denken. Der Drucker lässt sich auf beliebig benötigte Größen skalieren und ist selbst bei einer geringen Druckzeit von nur zwei Minuten ein klares und exaktes Medium. Selbst Körper mit nur einem Millimeter Wandstärke sind ohne Probleme druckbar sowie aus dem Brand entnehmbar. Auch wenn viele Vorgänge des keramischen Workflows klassische sowie händische Abläufe der Porzellanherstellung beinhalten, so ist es im Grunde eine digitalen Handwerkskunst.

Während meines Experimentierens ist mir der Prozess digitaler Gestaltung und dessen Schnelllebigkeit erst richtig bewusst geworden. Denn schon während des Druckens, konnte man direkt mit der neuen Gestaltung eines CAD -Modelles beginnen. Doch diese Art der digitalen Gestaltung eröffnet ebenso viele Fragen. Beispielsweise die der Autorenschaft mit Hinblick auf den Open-Source-Gedanken, der Maker-Bewegung oder die des partizipativen Designs. Zum jetzigen Zeitpunkt gibt es noch immer die tradierten Begriffe der Autoren- bzw. Urheberschaft. Der Begriff der Autorenschaft muss sich öffnen, denn ist nicht jedes neu erschaffene Objekt in gewisser Weise schon jetzt eine kulturelle Reflexion vorhandener Entwürfe und Autorenschaften? Sind die digitalen Dateien für einen 3D-Druck bereits kulturelle Speichermedien der jetzigen Zeit? Es ist ein Umdenken und eine Neuorientierung nötig. Durch weitere Projekte, Forschungen und wissenschaftliche Auseinandersetzungen können die Gestalter stärker die Initiative ergreifen und über die Zukunft der Autorenschaft mitbestimmen.

Schlussfolgernd weist diese Arbeit eindeutig nach, dass durch neue Technologien, wie dem 3D-Keramik-Drucker, komplett neue Möglichkeiten im Design eröffnet werden. Der 3D-Drucker ändert den kompletten Kreislauf eines Designprozesses, einschließlich der Produktion. Man kann so von der Ideenfindung direkt die Realisierung des Objektes starten. Durch diese Chance ist es möglich, anstatt tausend identischer Produkte, unmittelbar in den Prozess einzugreifen und das CAD-Modell neu zu entwerfen. Computerisierte Algorithmen sind zudem in der Lage, unendliche viele Variationen zu gestalten. Ein letzter und nicht zu vernachlässigender Punkt der digitalen Fertigung ist, dass der Prozess nie abgeschlossen ist und weiter kreiert und verbessert werden kann (und soll).

 

Kurze Merkmale und Vorteile:

- Produktion ohne Formenbau

- Endlose Variationen mittels CAD-Programmen

- User Customization (= Personalisierung)

- Abfallfreie Produktion, da nur das gedruckt wird was wirklich am Ende benötigt wird

- Komplexe Objekte in einem Druck erzeugen

- Die Möglichkeit der Zwischenräume und so mit somit Aussparungen im Objekt

 

 

Studierende: Saskia Stiehler

Betreuende: Prof. Wolfgang Sattler, Jun.-Prof. Dr. Jan Willmann, Dipl.-Maler Karsten Kunert

Werkstatt-, Material- und Technologiesupport: Robert Elias Wachholz, 3D-Drucker: WASP Italy, Kahla Thüringen Porzellan